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Rückblick: Weiterbildungstage der hauptamtlichen Seelsorgenden im September

Fortbildungstage der hauptamtlichen Seelsorgenden in der Propstei Wislikofen: «Seht, ich schaffe Neues» vom 16. – 18. September 2024.

Zu den jährlichen Weiterbildungstagen trafen sich die hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger aus Deutschfreiburg in der Propstei Wislikofen. Der österreichische Theologe und Gründer von Pastoralinnovation, Dr. Georg Plank, sowie Pfarrer Martin Piller und Marianne Reiser aus der Pfarrei Maria Lourdes in Zürich Seebach führten unter dem Thema «Seht, ich schaffe Neues» durch die Weiterbildung.

Die Fortbildungstage in der Propstei Wislikofen, an denen 36 hauptamtliche Seelsorgende aus der territorialen und kategorialen Seelsorge teilnahmen, standen in einer Linie mit der diözesanen Weiterbildung «Wagen wir den Wandel», die am 7. Mai 2024 stattgefunden hat. Eine Handvoll Teilnehmende war zum ersten Mal bei den Weiterbildungstagen, ein grosser Teil schon oft oder sogar sehr oft. Die jüngste Teilnehmerin war Aileen Haymoz, Praktikantin auf der Fachstelle Jugendseelsorge, der älteste Teilnehmer war Domherr Niklaus Kessler. Diese Bandbreite an Berufserfahrung und Altersunterschied wurde als Potenzial und Bereicherung wahrgenommen.

Die Tage in Wislikofen standen unter dem herausfordernden Wort des Propheten Jesaja, der dazu aufruft, sich nicht mehr auf das Vergangene zu fixieren: «Schaut nicht mehr auf das, was vergangen ist. Denkt nicht mehr an das, was längst vorüber ist. Seht, ich schaffe Neues, schon sprosst es auf. Merkt ihr es nicht?» (Jes 43,18)

«Die Menschen müssen Zugehörigkeit erfahren»

Der Theologe Dr. Georg Plank, Gründer von Pastoralinnovation in Graz, gestaltete drei Impulse in denen er die theologischen Aspekte, die geistliche Fundierung und sein fachspezifisches Know-how aus der Innovationsforschung vermittelte. So ging er gemeinsam mit den Seelsorgenden der Frage nach, welche Kultur die Früchte fördert, an denen das Neue – im Sinne des Propheten Jesaja – zu erkennen ist. «Was sollen die Menschen durch unser Tun erleben? Was sollen sie danach erzählen?» waren zwei der Fragen, die in den Tischgruppen diskutiert wurden. Denn für ihn ist klar, dass die Vertrauenskrise in der Kirche gravierender ist als die Austrittszahlen. Die Menschen müssten wieder das Gefühl der Zugehörigkeit erfahren, bevor sie sich engagieren.

Von «Musts», «Nice to haves» und «No-gos»
Eine sehr erhellende Gruppenarbeit war das Lernen aus Analogien. Die Teilnehmenden sollten «so denken und empfinden, wie es normale Menschen tun». Welche Qualitäten muss ein Restaurant oder ein Einkaufszentrum haben (Musts), damit die Leute komm, wiederkommen und bleiben, was darf es dort Schönes geben (Nice to haves) und was darf es auf keinen Fall (No-gos) geben? Die Basisfaktoren, die sogenannten «Musts», wurden dann in Analogie zu einer kirchlichen Aktivität gesetzt. Was in einem Restaurant attraktiv und anziehend ist, könnte auch für eine kirchliche Veranstaltung gelten. Gleiches gilt für die «Nice to haves», bei denen gegebenenfalls gespart werden kann. Und alles, was destruktiv oder gar toxisch wirkt, ist ein «No-go».

Bildlegende: Isabella Senghor, bischöfliche Beauftragte der Bistumsregion Deutschfreiburg

Diese andere Sichtweise eröffnete so neue Perspektiven für das pastorale Handeln. Sehr schnell wurde klar, dass bestimmte Basisfunktionen vorhanden sein müssen, damit die Leute nicht weggehen und wegbleiben. Georg Plank lud in diesem Zusammenhang auch dazu ein, voneinander zu lernen – wie im Gleichnis vom klugen/untreuen Verwalter im Lukasevangelium (16,1-9) – und beispielsweise das Potential der ausländischen Seelsorgenden zu entdecken.

«Innovationen passieren nie unter optimalen Bedingungen»
In seinem dritten Impuls ermutigte Georg Plank dazu, den Gegenwind nicht nur wahrzunehmen und auszuhalten, sondern seine Kräfte für sich zu nutzen. Die Apostelgeschichte ist voll von Gegenwindgeschichten: So wurde der Apostel Paulus in Lystra gesteinigt und vor die Stadt geschleift (Apg 14,19-23). Das hielt ihn nicht davon ab, das Evangelium «durch viele Drangsale» weiter zu verkünden.

Im Umgang mit dem unvermeidlichen Gegenwind plädierte Georg Plank für Lösungen zweiter Ordnung, also solche, die innerhalb eines Systems nicht möglich sind. Als Beispiel nannte er die obligatorischen Corona-Checks am Kircheneingang, aus denen sich ein dauerhafter Willkommensdienst entwickelt hat. Neben den geforderten Veränderungen, die in der Kirche notwendig sind, gibt es oft auch übersehene Veränderungen. Zum Schluss gab er den Seelsorgenden noch ein ermutigendes Wort mit auf den Weg: «Um Menschen zu erreichen, die man bisher nicht erreicht hat, muss man Dinge tun, die man bisher nicht getan hat.»

Care Kultur in Zürich Seebach

Für den Kontext Schweiz stellten Marianne Reiser und Pfarrer Martin Piller, dessen Eltern aus Oberschrot stammen, von der Pfarrei Maria Lourdes in Zürich Seebach ihre Erfahrungen mit Kleinen Christlichen Gemeinschaften und ihren Weg hin zu einer Care Kultur vor.

Über zehn Jahre lang hat die Pfarrei Kleine Christliche Gemeinschaften (KCG) gefördert und unterstützt, um nach zwölf Jahren nüchtern festzustellen, dass nur noch eine KCG übrig geblieben ist. «War alles für die Katz’?», fragte sich Marianne Reiser damals, denn es kamen schnell Selbstzweifel. Viel Leben, Herzblut und Engagement waren in den Aufbau der KCGs geflossen.

Sie machten die Erfahrung, dass alles Leben zyklisch ist und einemJahreszyklus folgt. Nach einer Wachstumsphase kommt eine Phase, in der das Gewachsene wieder stirbt um dann Raum zu geben für etwas Neues, das dem Leben dienlich ist.

Das Neue, das gewachsen ist, ist die Care Kultur Seebach. Das bedeutet, sich möglichst breit mit anderen Initiativen und Organisationen zu vernetzen, die sich gemeinsam «für das gute Leben» engagieren und darin ein gesellschaftliches Anliegen erkennen.

Beispiele dafür sind die wöchentlichen Besuche im Asylzentrum, Deutschkurse oder der «mobile Dorfplatz». Der mobile Dorfplatz ist ein Veloanhänger mit aufklappbarem Tisch, vier roten Stühlen und einem roten Sonnenschirm. Er ist der Ort, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen und sich mit ihnen zu vernetzten, weil es allen gut tut und allen nützt.

«Das Anliegen von vielen nach einem guten Leben verbindet uns alle», sagt Marianne Reiser. Und sie fügt hinzu: «Wir haben durch den Prozess der Care Kultur Seebach unsere eigene Sendung als Kirche tiefer verstanden.» Die Leute wollen aufgehoben sein, dazugehören und Bedeutung haben.

Zwischen den Impulsen
Zwischen den spannenden und interessanten Impulsen gab es ausreichend Zeit, um mit Georg Plank, Marianne Reiser und Martin Piller ins Gespräch zu kommen, Fragen zu stellen, Erfahrungen auszutauschen und zu entdecken, was Neues wächst und wo Altes auch sterben darf. Und es gab einen anregenden Austausch mit der neuen Bistumsregionalleitung, die ein offenes Ohr für die Anliegen, Sorgen und Ideen der Seelsorgenden hat.

Siegfried Ostermann,
Leiter der Weiterbildungstage und der Fachstelle Bildung und Begleitung